Noch enorme Windkraftpotentiale in Österreich vorhanden

Zwei umfassende Studien versuchen das Windkraftpotential Österreichs zu erheben: Die Studie des Research Studios iSPACE wurde soeben veröffentlicht. die des Energiewerkstatt Vereins ist gerade angelaufen. Erstes Fazit: Wir nutzen erst einen geringen Teil des vorhandenen Potenzials.

Im Auftrag der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) erstellte ein Konsortium unter der Führung des Research Studios iSPACE der Research Studios Austria Forschungsgesellschaft mbH eine Studie, die die Potenziale Erneuerbarer Energien nach Energieträgern aufbereitet. Dabei wurden auch das theoretische und technische Windkraftpotenzial in Österreich ermittelt. Als Basis dienen Klimadaten von 204 Windmess-Stationen der ZAMG, aus denen eine mittlere Jahreswindgeschwindigkeit errechnet werden kann. Mit Hilfe eines komplexen GIS - Modells werden dann die in Österreich vorherrschenden Windverhältnisse in flächendeckende Windgeschwindigkeiten umgerechnet und je nach Topografie auf kleine Rasterflächen umgelegt. Daraus wird dann schließlich das theoretische Windkraftpotenzial errechnet.

Technische Einschränkungen

Um in der Folge zum Ausweis eines technisch nutzbaren Potenzials zu kommen, müssen technische Einschränkungen berücksichtigt werden:

  • die typische Stromausbeute einer Standardturbine
  • die maximale Hangneigung (15 Grad)
  • die maximale Seehöhe (2.000 m)

    Die Grafik zeigt auf der Österreichkarte den Vergleich der theoretischen mit den technischen Potenzialen nach Bezirken. Große theoretische Potenziale haben wegen der Vielzahl an exponierten Lagen die Bezirke des hochalpinen Raumes sowie wegen des flachen Reliefs die Bezirke im Nordosten Österreichs. Die höchsten technischen Gesamtpotenziale je Bezirk sind in Niederösterreich und im nördlichen Burgenland zu finden.

    Variable Mindestabstände

    Doch es müssen noch weitere Einschränkungsfaktoren berücksichtigt werden, nämlich naturräumliche Faktoren und Aspekte der Siedlungsentwicklung (Raumordnung). Ein eingeschränktes technisches Windkraftpotenzial ergibt sich daher, wenn Siedlungsgebiete, Schutzgebiete, Straßen und Eisenbahnnetz sowie Flughäfen herausgerechnet werden. Zusätzlich müssen zu diesen Flächen auch bestimmte Mindestabstände eingehalten werden. Das ist nun aber ein zentraler und entscheidender Punkt: Die Variierung dieser Mindestabstände führt zu deutlich unterschiedlichen Ergebnissen für das eingeschränkte technische Windkraftpotenzial. Bei einem Mindestabstand von 1.000 m zum Siedlungsraum ergibt sich ein Potenzial von 14,8 Terawattstunden pro Jahr (TWh/a), bei einer Verringerung auf 500 m steigt es auf 26,2 TWh/a.

    Sinnvolle Windgeschwindigkeit

    In der Folge entwickelt die ÖROK Studie noch zwei Szenarien zur Berechnung eines sinnvollen eingeschränkten technischen Potenzials der Windkraft. Beiden liegt als zusätzliche ökonomische Einschränkung die Annahme zugrunde, dass nur Windgeschwindigkeiten berücksichtigt werden, die im Jahresmittel über 4,5 Meter pro Sekunde (m/s) liegen; und zwar gemessen 70 Meter über Grund, wo z.B. mit den neuen Anlagentypen von Vestas oder Siemens für windschwächere Binnenlandstandorte noch gut geerntet werden kann. Für das Szenario 1, das von 1.000 m Mindestabstand zum Siedlungsraum ausgeht, ergibt das ein Potenzial von 7,1 TWh/a, im Szenario 2 mit einer Reduktion auf 500 m steigt das Potenzial auf 10,8 TWh/a. Zum Vergleich: Derzeit werden in Österreich rund 2,1 TWh/a durch Windkraft aufgebracht. Wie die ÖROK betont, "erheben die in den Szenarien ausgewiesenen Werte nicht den Anspruch einer vollständigen Abdeckung weitergebender politischer und wirtschaftlicher Restriktionen".

    Eine weitere Studie

    Vor kurzem angelaufen ist eine weitere Studie zum österreichischen Windkraftpotenzial, die der Energiewerkstatt Verein mit drei Projektpartnern durchführt. Da die Modellierung von Windressourcen in Österreich wegen der vielen lokalen Windsysteme sehr komplex ist, wurde eine neue Form des Berechnungsansatzes gewählt, indem ein geostatistisches Interpolationsverfahren mit einer dynamischen Modellierung verschränkt wird. Durch die Einbindung einer möglichst hohen Anzahl von Windmessdaten und der Energieerträge von bestehenden Windkraftanlagen soll die Qualität der Ergebnisse noch zusätzlich verbessert werden. Ziel des Projekts ist, einen gesamtösterreichischen Windatlas mit Rasterflächen in einer extrem niedrigen Auflösung von 100 X 100 Meter zu erstellen. In einem zweiten Schritt soll darauf eine Potenzialstudie auf Bezirksebene aufbauen, die eine Vielzahl von Parametern, sprich Einflussfaktoren, erfasst und in einem dynamischen GIS - Modell abbildet. Projektleiter Andreas Krenn vom Energiewerkstatt Verein dazu: "Bisher wurden Faktoren, die wesentlichen Einfluss auf Windkraftprojekte haben, und deren Veränderung nicht berücksichtigt: wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie wechselnde Einspeisetarife oder die technische Entwicklung, die leistungsfähigere Anlagen hervorbringt." Ausdrücklich weißt Krenn darauf hin, dass das eigene Projekt keine Konkurrenz zur ÖROK - Studie darstelle, sondern auf dieser aufbaue, um letztendlich in Summe ein immer genaueres Bild des österreichischen Windkraftpotentiales zu zeichnen.

    Quellen und Grafiken: IG Windkraft, Energiewerkstatt Verein, ÖROK, iSPACE

    Links:
    IG Windkraft
    Energiewerkstatt
    ÖROK
    iSPACE


    April 2009